Fremdgehen verzeihen – Kann Vertrauen wieder wachsen?

Ein Seitensprung ist für viele Paare der ultimative Vertrauensbruch. Plötzlich steht alles auf dem Spiel: Die gemeinsame Geschichte, die Nähe, die Sicherheit. Wer betrogen wird, fühlt sich oft tief verletzt, gedemütigt und stellt sich eine der schwersten Fragen in einer Beziehung: Kann ich das verzeihen?

Manche Paare trennen sich sofort. Andere versuchen, weiterzumachen, aber das Vertrauen ist zerstört. Und dann gibt es diejenigen, die es schaffen – die trotz des Schmerzes eine neue Basis finden und ihre Beziehung sogar stärken.

Doch wie gelingt das? Kann eine Beziehung nach einem Betrug wirklich wieder funktionieren? Und was braucht es, um ehrlich zu verzeihen?

In diesem Artikel erfährst du:

  • Warum es nicht nur um den Betrug selbst geht, sondern um das, was dahintersteckt
  • Welche Phasen eine Beziehung nach einer Affäre durchläuft
  • Warum Verzeihen nicht gleich Vergessen bedeutet
  • Wie echte Heilung in der Beziehung aussehen kann

Warum Betrug nicht nur ein „Ausrutscher“ ist

Viele gehen fremd, ohne es selbst genau zu verstehen. Es passiert nicht immer aus fehlender Liebe, sondern oft aus inneren Konflikten oder unerfüllten Bedürfnissen.

Häufige Gründe für Untreue sind:

  • Das Gefühl, nicht mehr gesehen oder geschätzt zu werden
  • Die Sehnsucht nach Bestätigung, Abenteuer oder Freiheit
  • Unbewältigte Konflikte in der Beziehung
  • Persönliche Krisen oder Selbstzweifel

Natürlich gibt es auch Menschen, die einfach egoistisch handeln. Doch in vielen Fällen steckt hinter einem Seitensprung eine tiefere Unzufriedenheit – entweder mit der Beziehung oder mit sich selbst.

Was das für dich bedeutet: Wenn du betrogen wurdest, liegt es nicht zwangsläufig an dir oder daran, dass du „nicht genug“ warst. Untreue ist oft komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.

Die 3 Phasen nach einem Betrug

Ein Seitensprung reißt eine Beziehung in eine Krise – und jede Krise hat bestimmte Phasen. Wenn ihr es schaffen wollt, müsst ihr diese bewusst durchlaufen.

Phase 1: Der emotionale Schock

  • Wut, Schmerz, Fassungslosigkeit
  • Kontrollbedürfnis („Wo warst du?“, „Mit wem schreibst du?“)
  • Starke Unsicherheiten, ob die Beziehung überhaupt noch eine Zukunft hat

Was hilft? Raum für Emotionen. Der Betrogene hat das Recht, wütend, verletzt und unsicher zu sein. Doch der untreue Partner muss jetzt Verantwortung übernehmen – nicht bagatellisieren oder sich in Ausreden flüchten.

Phase 2: Die Entscheidung

  • Hier stellt sich die Frage: Bleiben oder gehen?
  • Die Beziehung wird hinterfragt: Was lief schief? Was fehlt uns?
  • Der Betrüger muss zeigen, dass er/sie wirklich an der Beziehung arbeiten will

Was hilft? Ehrliche Gespräche, ohne sich gegenseitig weiter zu verletzen. Keine übereilten Entscheidungen – die Emotionen sind noch zu stark.

Phase 3: Der Neuanfang oder das Ende

  • Falls ihr bleibt, beginnt die eigentliche Arbeit: Vertrauen wieder aufbauen
  • Falls ihr euch trennt, geht es darum, das Erlebte zu verarbeiten und nicht in neue Beziehungen mitzunehmen

Was hilft?Wenn ihr bleiben wollt, müsst ihr nicht „zurück zur alten Beziehung“ – sondern eine neue Grundlage schaffen.

Verzeihen bedeutet nicht gleich Vergessen

Viele verwechseln Verzeihen mit Vergessen oder Unterdrücken. Doch wer einen Seitensprung einfach „schluckt“, trägt den Schmerz oft jahrelang mit sich herum – und das zeigt sich dann in unterschwelligen Vorwürfen, Misstrauen oder Distanz.

  • Anerkennen, dass es passiert ist, dass es nicht rückgängig gemacht werden kann
  • Akzeptieren, dass die Beziehung sich verändern wird
  • Loslassen, aber ohne sich selbst zu verleugnen

Das bedeutet nicht, dass man den Schmerz sofort überwindet. Aber es bedeutet, dass man nicht für immer darin gefangen bleibt.

Was hilft? Setzt euch klare Regeln: Was braucht es, damit der Betrogene sich sicher fühlen kann? Und wo ist die Grenze zwischen Transparenz und Kontrollzwang?

Kann man Vertrauen wieder aufbauen?

Ja, aber nicht durch Worte allein. Es braucht klare Taten.

Was der untreue Partner tun muss:

  • Ehrlichkeit: Keine weiteren Lügen oder Verharmlosungen
  • Geduld: Der Schmerz verschwindet nicht sofort
  • Verantwortung übernehmen: Nicht die Schuld auf den Partner schieben
Was der betrogene Partner tun kann:
  • Bedürfnisse klar kommunizieren: Was brauchst du, um dich sicher zu fühlen?

  • Sich bewusst entscheiden: Bleiben oder gehen und nicht in der Schwebe hängen
  • Langsam Vertrauen wieder zulassen: Wenn du bleibst, dann mit der Bereitschaft, die Vergangenheit irgendwann nicht mehr gegen den anderen zu verwenden

Was hilft? Fragt euch: Warum wollen wir es versuchen? Wenn die Antwort nur „wegen der Kinder“ oder „weil Trennung zu kompliziert wäre“ ist, dann fehlt oft die Basis für echte Heilung.

Wann eine Paarberatung sinnvoll ist?

Viele Paare versuchen es allein, scheitern aber daran, weil viele Emotionen im Spiel sind.

Eine professionelle Paarberatung kann helfen:

  • Eure Emotionen zu sortieren, ohne in Endlos-Vorwürfen zu landen
  • Muster in eurer Beziehung zu erkennen, die vielleicht vorher problematisch waren
  • Einen Rahmen für Verzeihen und Neubeginn ohne Unterordnung zu schaffen

Manche Paare stellen erst in der Beratung fest, dass sie nicht weiter zusammenbleiben wollen – und das ist auch okay. Aber wenn ihr eine echte Chance wollt, kann eine neutrale Person oft genau den Perspektivwechsel bringen, den ihr braucht.

Was hilft? Wartet nicht zu lange. Je früher ihr euch Unterstützung holt, desto größer sind die Chancen, dass die Beziehung nicht aus Wut und Enttäuschung zerbricht.

Ist es möglich, Fremdgehen zu verzeihen?

Ja – aber nicht immer. Und nicht um jeden Preis.

Es kann funktionieren, wenn:

  • Der untreue Partner wirklich bereit ist, Verantwortung zu übernehmen
  • Der betrogene Partner sich aktiv für den Weg des Verzeihens entscheidet
  • Beide bereit sind, die Beziehung bewusst neu aufzubauen

Es funktioniert nicht, wenn:

  • Der Betrug sich wiederholt oder heruntergespielt wird
  • Der betrogene Partner die Verletzung nicht loslassen kann
  • Die Beziehung nur aus Pflichtgefühl oder Angst vor Veränderung weitergeführt wird

Am Ende ist es eine Entscheidung, die nur ihr als Paar treffen könnt. Manche Beziehungen zerbrechen daran, manche wachsen daran. Der entscheidende Punkt ist: Ihr müsst nicht zurück zur alten Beziehung – ihr müsst eine neue schaffen.

Und diese Entscheidung liegt ganz bei Euch. Nehmt euch Zeit, euch daran zu erinnern, was euch ursprünglich verbunden hat – die gemeinsame Geschichte, die Nähe, die geteilten Werte. Manchmal kann genau das der erste Schritt sein, um wieder zueinanderzufinden. Doch ebenso darf die Erkenntnis reifen, dass eine Trennung der heilsamere Weg sein kann. Beides ist mutig – und beides kann der Beginn eines neuen, ehrlicheren Lebensabschnitts sein.

Christina Fichtner - Psychologische Beratung, Paarberatung und Hypnose

Christina Fichtner

  • Psychologische Beraterin
  • Systemische Beraterin
  • Paarberaterin
  • Personal Coach
  • Hynotiseurin (Advanced Level)
  • Schamanin
  • Heilerin